Eine fast wahre Geschichte

Neulich in der Schreinerei des Königs, als der Hof-Schreiner seine Kinder zwecks Beaufsichtigung mit zur Arbeit nehmen musste.

"Es war vor fast genau zehn Jahren. Ich befand mich an besagtem Tag auf einem Turnier am Königshof."

"Ich war der berüchtigte Schwarze Ritter, der landesweit bei allen Turnieren als Kombattant gefürchtet wurde!"

"ist das etwa Mama gewesen?" - "Äh, nein, nicht so wichtig, ..."

"... jedenfalls wurde ich von den Zuschauern begeistert angefeuert!"

"... ich zu jener Zeit Mönch in einem Kloster war."

"Den halben Tag haben meine Ordensbrüder und ich uns geistlichen und wissenschaftlichen Texten gewidmet ... "

"... und den restlichen Tag haben wir zumeist auf dem klostereigenen Weinberg gearbeitet."

"Abends wusste man, was man getan hatte, und hatte eigentlich auch keinen Sinn mehr für das schöne Geschlecht."

"Auch damals schon war ich Schreiner, wenn auch noch nicht am Hof des Königs."

"Das Haus des Schneiders war abgebrannt und musste von Grund auf neu gebaut werden."

"Während dieser Zeit bin ich einmal nach Feierabend ins Badehaus gegangen und ..."

"... habe dort gemeinsam mit einem Freund ..."

"... die entspannte Atmosphäre und die wohlige Wärme der Naturquelle genossen."

"Und als ich kurz den Blick über den Beckenrand richtete, habe ich erstmals Eure Mutter gesehen! Sie schaute zu mir."

"Ich war sofort von ihr begeistert und hatte Fische im Bauch!"

"Du meinst Schmetterlinge ..." - "Nein, es fühlte sich nach einem Schwarm quirliger Fische an."

"Ich bin fast jeden Tag nach der Arbeit ins Wirtshaus gegangen und ..."

"... habe versucht, Eure Mutter zu vergessen. Vielleicht wäre sie ja gar nicht die Traumfrau, wenn man sie erst kennenlernt."

"Aber das half alles nicht..."

"... und ich traf eine Entscheidung: ich werde sie suchen und finden!

"Also machte ich mich auf den Weg ins Morgenland, wobei ich meine Reise aber aufgrund übler Verleumdungen ..."

"... erst mit ein paar Wochen Verspätung antreten konnte."

"Die Hinweise des Bademeisters führten mich als erstes in eine kleine Stadt in Marokko."

"Eine schöne Stadt mit prächtigen Häusern, buntem Treiben und ..."

"... exotischen Händlerwaren. Allerdings keine Spur von Eurer Mutter."

"Dafür durfte ich aber am Abreisetag noch einen traumhaften Sonnenuntergang erleben."

"Apropos Elefant. Auf einem Elefanten habe ich dann meine Reise fortgesetzt."

"Wirklich, auf einem Elefanten?" - "Ja, natürlich, so reist man dort. Nach zwei Wochen erreichte ich die Festung des Sultans."

"Den Tipp, den Sultan nach Eurer Mutter zu fragen, hatte ich in der Stadt aufgeschnappt."

"Der Sultan war ein düsterer Geselle und sah eher wie ein unbarmherziger Kriegsfürst aus, doch hatte er einen Hinweis für mich."

"Ich machte mich also auf den Weg zum Cousin des Sultans, der ebenfalls ein mächtiger Herrscher war."

"Ich hatte ihm Geschenke mitgebracht, um sein Vertrauen zu gewinnen und seine wohl allweit bekannte Einsilbigkeit zu lösen."

"Die Frau, die Du beschreibst, kenne ich sehr wohl. Sie war mit ihrer Familie hier. Ihr Vater war einige Zeit mein Berater."

"Als sie sich weigerte, meine Drittfrau zu werden, war ich gnädig und ließ sie und ihre Familie ziehen, anstatt alle zu töten."

"Für die Rückreise nach Europa konnte ich auf einem Schiff anheuern, doch wir kamen in ein schlimmes Unwetter."

"Es war furchtbar. Der Kapitän verlor die Konrolle, das Schiff stieß gegen einen Felsen und sank!"

"Ein absolutes Chaos. Es gab auch Haie. Überall Schreie. So Viele ertranken."

"Ich war wohl der einzige Überlebende. Als Schreiner konnte ich mir gerade noch notdürftig ein Floß bauen und mich retten!"

"Als ich bereits seit gut einem halben Jahr wieder zuhause war, besuchte ich unser jährliches Stadtfest."

"Ich holte mir gerade einen frischen Humpen Bier, drehte mich um und ..."

"... da sah ich diese Frau, zunächst nur von hinten, aber ich war mir absolut sicher, dass SIE es ist."

"Und dann ... Trommelwirbel ..." - "Mach es nicht so spannend!" - "... stand sie tatsächlich vor mit: Eure Mutter!"

"Wir haben uns dann in der Folgezeit häufig an verlassenen, romantischen Orten getroffen und ..."

"Sowas wollen wir nicht hören, das ist ja peinlich!" - "Eure Mutter und ich haben uns stundenlang unterhalten und ..."

"... sie erzählte mir, dass sie mich nach der Begegnung im Badehaus ebenfalls gesucht hatte." - "Nicht wahr, oder?"

"Doch, doch, und nach ein paar Wochen habe ich dann bei einem Treffen in der verlassenen Burgruine um ihre Hand angehalten."

"Wenige Wochen später haben wir geheiratet, viele Gäste waren gekommen, die Orgel spielte und ..."

"... der Priester stellte uns nach einem feierlichen Gottesdienst die entscheidende Frage."

"Und Du weist noch genau, dass Ihr euch um 16:05 Uhr geküsst habt?" - "Ja, absolut sicher, es wahr exakt Fünf nach Vier."

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